Peter Pongratz (Österreicher, geb. 1940) Piccola Ragazza (Girlie) , 2003
Peter Pongratz ist ein Multitalent in der Kunstwelt. Er arbeitet nicht nur als Maler und Bildhauer, sondern auch als Bühnenbildner für Musik und als Autor. Seine Arbeit zeichnet sich durch einen multidimensionalen Ansatz aus, der Elemente aus all diesen künstlerischen Disziplinen nahtlos integriert. Girlie ist ein perfektes Beispiel dafür und zeigt seine Fähigkeit, traditionelle Formen der figurativen Darstellung sowohl herauszufordern als auch neu zu definieren.
In dieser abstrakten Bronzeskulptur beginnt Pongratz mit einer realistischen Darstellung einer jungen Frau in einem Paar Mary Jane-Schuhen. Sofort läuten die Alarmglocken, denn die Schuhe scheinen an den falschen Füßen angebracht worden zu sein. Oder wurden die Füße vielleicht auf den falschen Körper gesetzt? Anstatt die konventionellen Proportionen eines jungen Mädchens beizubehalten, wo die Knöchel sein sollten, sehen wir zwei plankenartige Formen aus den Schuhen herausragen.
Und nicht nur das, anstelle der Knie sehen wir etwas, das wie ein Weidenkorb aussieht und gleichzeitig als Rock dient. Diese absichtliche Verzerrung untergräbt die traditionellen Perspektiven und präsentiert dem Betrachter unverhältnismäßig kurze Beine und einen langgestreckten Oberkörper, der an den italienischen Meister Alberto Giacometti und seine langgestreckten Figuren erinnert. Die Schuhe und der "Rock" sind die einzigen beiden sichtbar weiblichen Merkmale der Skulptur, während der große quadratische Kopf und die vogelähnlichen Züge ausgesprochen androgyn sind.
Bemerkenswert ist, dass die Figur von Pongratz keine Arme hat, während die Äste des Baumes hinter ihr die Illusion von ausgestreckten Armen erwecken, als ob sie sich auf eine Umarmung vorbereiten würde. Dieses Zusammenspiel von Skulptur und Umgebung ist der Schlüssel zu Pongratz' Oeuvre und verleiht seiner innovativen Girlie eine zusätzliche Dimension. Es ist eine Skulptur voller Widersprüche. Vom Titel bis zur Spitze des Kopfes ist der Betrachter gezwungen, seine eigenen vorgefassten Erwartungen an das, was vor ihm steht, zu hinterfragen.