Morio Nishimura
Süßer Regen, 2016
Kunstwerk Beschreibung
Nishimuras *Süßer Regen* ist eine zart abstrakte Bronzeskulptur, die von der Lotusblume inspiriert ist, einem zentralen Motiv in seinem Werk. In der buddhistischen Philosophie verwurzelt, symbolisiert das Werk Reinheit, Wiedergeburt und Erleuchtung. Der Titel bezieht sich auf eine buddhistische Legende, in der bei Buddhas Geburt göttlicher Regen fällt, um das spirituelle Erwachen zu unterstreichen. Die sich entfaltende Form der Skulptur ahmt das Wachstum des Lotus vom Schlamm bis zur Blüte nach und ist eine Parallele zur menschlichen Reise zur Transzendenz.







Morio Nishimura wurde 1961 in Kamakura, der kleinen Küstenstadt unweit von Tokio, geboren. Nach seinem Kunststudium an der Tama Art University in Tokio kam er 1991 mit einem DAAD-Stipendium nach Deutschland und setzte sein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf als Meisterschüler von Prof. Günther Uecker fort. Gleichzeitig arbeitete er auch als Dozent im Bereich Bildende Kunst an der Universität Mainz. In den Jahren 2000/2001 war Nishimura Artist in Residence an der Kunststation St. Peter in Köln. Nishimura lebt und arbeitet in Düsseldorf. Er hat an zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen im In- und Ausland teilgenommen, unter anderem in der Kunststation St. Peter (2002), im Museum of Modern Art Kamakura und Hamaya (2005), bei der Schweizer Triennale der Skulptur - Bad RagARTz, Bad Ragatz und Vaduz (2009 und 2012), bei der Mediation Biennale in Poznan/Polen (2012) und bei Tamaguchi Fine Art Tokyo (2011/2013).
Morio Nishimura (Japaner, geb. 1960)Süßer Regen (Pioggia Dolce), 2016
Süßer Regen ist eine zart schöne Skulptur des geschätzten japanischen Meisters der Bronze, Morio Nishimura. Wir sehen ein abstrahiertes Lotusblatt, Nishimuras bevorzugtes Motiv, das sich vor unseren Augen entfaltet. Für Nishimura ist der Lotus so viel mehr als nur eine Blume oder Pflanze. Stattdessen dient er als Medium für die Erforschung tieferer spiritueller und philosophischer Ideen.
Verwurzelt in seinem buddhistischen Erbe, betrachtet er die majestätischen Pflanzen als tiefgründiges Symbol für Reinheit, Wiedergeburt und letztendliche Göttlichkeit. Diese Interpretation deckt sich mit den buddhistischen Lehren, in denen der Lotus ein Synonym für spirituelles Erwachen und Erleuchtung ist.
In seiner Darstellung des Lotus denkt Nishimura über das Konzept der Seelenwanderung nach, d.h. die Vorstellung, von einem Zustand der Existenz in einen anderen zu wechseln. In einem Interview, das 2005 anlässlich seiner Ausstellung im Museum of Modern Art Kamakura geführt wurde, ging Nishimura auf diese Themen ein, als er sagte,
'Ich trage den Lotus in mir. Er nimmt oft meine Gedanken als eine Erinnerung in Beschlag. In einem abstrakten Sinne stehe ich in einer intensiven Beziehung zu ihm, und so ist er ein Teil von mir".
⁃ Morio Nishimura
Der Titel "Süßer Regen" heißt auf Japanisch "Kanro no Ame". Er bezieht sich auf eine Geschichte in den buddhistischen Schriften, als Buddha geboren wurde und die himmlischen Götter Getränke in Form von Blumen vom Himmel regnen ließen. In den alten indischen Veden werden diese Getränke "amanita" genannt. Es wird erzählt, dass Buddha vor einem Teich mit blühenden Lotusblumen meditierte und als er sie sah, beschloss er seine Mission. Nishimura gab dieser Serie von Werken diesen buddhistischen Titel und verlieh ihr damit eine unmissverständliche religiöse Bedeutung.
Genau wie die Seerosenblätter, die die Skulptur umgeben, beginnt der Lotus sein Leben unter Wasser in völliger Dunkelheit und in dickem Schlamm. Je dichter und schmutziger der Schlamm ist, desto größer ist die Anstrengung, die der Lotus unternehmen muss, um ans Licht zu gelangen. Je mühsamer die Reise, desto schöner wird die Blüte sein, was als bedeutsame Metapher für die menschliche Erfahrung dient.
Diese Skulptur ist in jeder Hinsicht transformativ. Aus einer Perspektive ähnelt sie einer Muschel, die auf der Wasseroberfläche schwimmt, während man sie aus der Ferne mit dem Schwanz eines Delfins oder Wals verwechseln könnte.
Wenn der Betrachter sich um die Skulptur herum bewegt, entfaltet sich ihre Form allmählich und enthüllt eine neue Form, die an eine Muschelschale erinnert. Es ist unmöglich, sich nicht an die Bilder von Botticellis Meisterwerk der Renaissance, der Geburt der Venus (Nascita di Venere), zu erinnern. Sowohl die Venus als auch die Muschel sind Symbole der Reinheit und des Lebens, ähnlich wie eine Perle, die die Perfektion der Natur verkörpert. Genau wie die Venus scheint auch der Lotus in Nishimuras Skulptur auf der Wasseroberfläche zu schweben. Beide verkörpern in ihrer scheinbaren Schwerelosigkeit einen Zustand des Übergangs oder der Wiedergeburt.
Am Sockel der Skulptur sind mehrere kleine Lotusblätter zwischen die Seerosenblätter eingestreut, deren gewellte Blätter die Konturen von Nishimuras Bronzeskulptur genau widerspiegeln. Im Gegensatz zu Nishimuras gewundener Form liegen diese gewellten Blätter jedoch flach auf der Wasseroberfläche. Dieser Kontrast hebt die verschiedenen Zustände des Seins hervor und erinnert uns an die sich ständig verändernde Natur der Existenz.