Erwin Novak (Österreicher gest.2018) Piramide, 1995
Am äußersten Rand des Gartens treffen wir auf die Pyramidenskulptur von Erwin Novak, ein Bauwerk, das sich mit dem umgebenden Grün verflochten hat und von seiner natürlichen Umgebung fast verdeckt wird. Ihre unscheinbare Erscheinung steht in starkem Kontrast zu ihrem monumentalen Gegenstück, der Großen Pyramide von Gizeh, die ein bleibendes Symbol menschlicher Errungenschaften ist. Sie wurde vor über viertausend Jahren errichtet und war einst das höchste von Menschenhand geschaffene Bauwerk der Welt, mit einer Basis, die sich über 200 Meter erstreckt und eine beeindruckende Höhe von 146,6 Metern erreicht. Es wurde aus schätzungsweise 2,3 Millionen Steinblöcken unterschiedlicher Größe und Form erbaut und diente den damaligen Königen als Begräbnisstätte. Es wird angenommen, dass sie als Auferstehungsmaschinen entworfen wurden, wobei die spitze Spitze in der Mitte einen Kanal für die Seelen der Toten symbolisiert, durch den sie in das Reich der Götter aufsteigen können.
Allein durch die Wahl der Pyramide als Form für seine Skulptur beschwört Novak die tiefgründigen Themen Leben, Tod und Wiedergeburt herauf, die kulturell mit den Pyramiden verwoben sind. Obwohl unter Novaks Skulptur nichts physisch begraben ist, werden wir gezwungen, über unsere eigene Sterblichkeit nachzudenken, denn ihre bloße Anwesenheit ruft uralte, tiefgründige existenzielle Fragen über die menschliche Existenz hervor.
Ein Künstler, an den man beim Betrachten von Novaks Skulptur sofort denkt, ist der britische Turner-Preisträger von 1989, Richard Long. Long teilt mit Novak die Neigung, das Gewöhnliche in etwas Außergewöhnliches zu verwandeln und arbeitet mit natürlichem, oft gefundenem Material. 1983 brachte er diese Praxis mit den Worten auf den Punkt,
"Ich begnüge mich mit dem Vokabular universeller und gewöhnlicher Mittel: Gehen, Steine, Stöcke, Wasser, Kreise, Tage, Nächte, Straßen".
Beide Künstler schaffen Werke, die im Einklang mit der Natur stehen und von einer tiefen symbolischen Bedeutung durchdrungen sind. Zu Lebzeiten war Novak nicht nur für sein bildhauerisches Werk bekannt, sondern auch als Gründungsmitglied der psychedelischen Garagenrockband "Novak's Kapelle". Novak war der Schlagzeuger und widmete sein Leben sowohl der Musik als auch der Herstellung von Skulpturen, wobei er versuchte, das Alltägliche in etwas Neues und Bemerkenswertes zu verwandeln.
Diese Fähigkeit, gewöhnliche Objekte in Musik oder Kunst in etwas Außergewöhnliches zu verwandeln, ist der Schlüssel zu Novaks Praxis. Die Pyramide ist ein perfektes Beispiel für Novaks Kunst, denn sie verkörpert so viele universelle Themen, die sowohl die Zeit als auch die Kultur überschreiten. Vor allem steht sie für den Wunsch des Menschen, ein dauerhaftes Vermächtnis zu hinterlassen, sei es in Form einer physischen Struktur, eines Liedes oder einer Erinnerung. Es spricht die meist diskutierte Frage an: Was passiert, nachdem wir diese Welt verlassen haben?